06.01.2023

Zugangsvermutung bei zustellungsfreien Tagen

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass die Zugangsvermutung gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO entfällt, wenn innerhalb der dort genannten 3-Tages-Frist an einem Werktag regelmäßig keine Postzustellung stattfindet.

Beitrag mit Bild

©AndreyPopov/fotolia.com

Der Beklagte erließ aufgrund der durch die Klägerin erstellten Einkommensteuererklärung einen Einkommensteuerbescheid für 2017 am Freitag, dem 15.06.2018 und übersandte ihn unmittelbar an die Klägerin. Diese war vom 02.05.2018 bis 19.06.2018 (Tag der Rückkehr) beruflich von ihrer Wohnung abwesend.

Streit um Zugangsvermutung

Die Klägerin übersandte den Steuerbescheid am 19.06.2018 per Telefax an eine Steuerberatungsgesellschaft. Der Bevollmächtigte legte am 19.07.2018 namens der Klägerin Einspruch ein und gab an, dass der Bescheid am 19.06.2018 eingegangen sei. Der Beklagte verwarf den Einspruch als unzulässig, da die Zugangsvermutung innerhalb der 3-Tages-Frist des am 15.06.2018 im Wege des Zentralversands übergebenen Bescheides durch den Vortrag der Klägerin nicht erschüttert werde und die Einspruchsfrist daher am 18.07.2018 abgelaufen sei.

Post stellt nicht jeden Tag zu

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 24.08.2022 (7 K 7045/20) entschieden, dass im Streitfall die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht anzuwenden sei, weil die Zeugenvernehmung ergeben habe, dass an der Wohnung der Klägerin innerhalb der 3-Tages-Frist nach dem 15.06.2018 regelmäßig nicht an allen Werktagen von dem Postdienstleistungsunternehmen zugestellt worden sei. Zwar finde die Zugangsvermutung auch Anwendung, wenn – z. B. wegen mehrerer arbeitsfreier Tage oder Personalausfall – innerhalb der 3-Tages-Frist an zwei Tagen keine Zustellung stattfinde (z. B. werde bei Aufgabe zur Post am Freitag, dem 30. April trotz des Feiertags am 1. Mai der Zugang am Montag, dem 3. Mai grundsätzlich vermutet).

BFH hat letztes Wort

Insoweit handele es sich jedoch um Sonderkonstellationen, die die grundsätzliche Anwendung der Zugangsvermutung nicht infrage stellen würden. Anders sei dies jedoch, wenn innerhalb der 3-Tages-Frist planmäßig an zwei aufeinanderfolgenden Tagen keine Zustellung erfolge. Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen VI R 18/22 anhängig.


FG Berlin-Brandenburg vom 02.01.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

Weitere Meldungen


Meldung

Annette Pogodda-Grünwald

18.10.2024

Pflicht zur E-Rechnung ab 2025: „Der Vorrang der Papierrechnung ist aufgehoben“

Die Zeiten der Papierrechnung sind gezählt – die verpflichtende E-Rechnung steht in den Startlöchern und wird den Geschäftsverkehr revolutionieren. Wir sprachen mit StB Annette Pogodda-Grünwald welche Herausforderungen das für den Mittelstand bedeutet.

Pflicht zur E-Rechnung ab 2025: „Der Vorrang der Papierrechnung ist aufgehoben“

Meldung

©pitinan/123rf.com

09.10.2024

Referentenentwurf zum E-Fuels-only-Gesetz

Eine stärkere Förderung von lediglich mit E-Fuels betreibbaren Kfz ist ein möglicher Baustein, um Klima- und Umweltbelastungen im Verkehrssektor nachhaltig zu reduzieren.

Referentenentwurf zum E-Fuels-only-Gesetz

Meldung

peshkova/123rf.com

26.09.2024

Mehr als einhundert Unternehmen unterzeichnen KI-Pakt

Über einhundert Unternehmen haben den EU-Pakt für künstliche Intelligenz (KI) unterzeichnet und sich freiwillig verpflichtet, die Grundsätze des KI-Gesetzes anzuwenden.

Mehr als einhundert Unternehmen unterzeichnen KI-Pakt

Haben wir Ihr Interesse für REthinking Tax geweckt?

Sichern Sie sich das REthinking Finance Gratis Paket: 1 Heft + Datenbank