Ein selbstständiger gewerblich tätiger Unternehmer sammelte ausrangierte Bürostühle, die er soweit möglich reparierte und verkaufte. Im Jahr 2020 beantragte er beim Finanzamt erfolglos, seine Umsätze mit Bürostühlen wegen deren Abfalleigenschaft nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen.
Wiederverwendung statt wegwerfen
Mit seiner Klage vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg trägt er nun vor, Abfälle i.S. der Abfallhierarchie des § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) – insbesondere Bürostühle – zur Wiederverwendung vorzubereiten. Für die Lieferung dieser Gegenstände würden ihm weder ein Entgelt berechnet noch die Frachtkosten. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG seien Abfälle i.S. dieses Gesetzes u.a. alle Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledige. Die Lieferung solcher Gegenstände habe bereits der Umsatzsteuer unterlegen. Daher würde, wenn die Lieferung der von ihm zur Wiederverwendung vorbereiteten Stühle oder anderer Gegenstände an seine Kunden der Umsatzsteuer unterlägen, eine Doppelbesteuerung eintreten. Eine solche würde sowohl gegen die Mehrwertsteuersystemrichtlinie als auch gegen Art. 20a GG verstoßen, nach dem der Staat in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen schütze.
Kein Erfolg vor dem Finanzgericht
Die Lieferung von Abfall i.S. von Art. 3 Nr. 1 der Abfallrahmenrichtlinie unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG der Umsatzsteuer. Auch die Gegenstände, die der Kläger zur Wiederverwendung vorbereitet hat, sind, soweit er mit diesen Lieferungen gegen Entgelt ausführt, Gegenstände sowohl i.S. von § 3 Abs. 1 UStG als auch i.S. von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuersystemrichtlinie. Insoweit ändern – und sei es umweltpolitisch oder betriebswirtschaftlich noch so wünschenswert für Unternehmen mit dem vorliegenden Gegenstand – hieran weder Art. 3 Nr. 1 der Abfallrahmenrichtlinie noch Art. 20a GG etwas, entschied das Finanzgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 14.03.2024 (1 K 11/24).
Wegen der von ihm angenommenen „Doppelbelastung“ sei der Kläger darauf verwiesen, dass er ihm berechnete Umsatzsteuer regelmäßig gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG als Vorsteuerbeträge abziehen kann. Ein anderes Ergebnis vermag auch der Hinweis auf die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG nicht zu begründen, da der Kläger die Stühle oder ggf. die anderen Gegenstände, derer sich ihre Besitzer entledigt hatten, ausnahmslos unentgeltlich erhalten hatte.