• Home
  • /
  • Meldungen
  • /
  • Zur Unangemessenheit der finanzgerichtlichen Verfahrensdauer

19.04.2022

Zur Unangemessenheit der finanzgerichtlichen Verfahrensdauer

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass eine Verzögerung beim Sitzungsbetrieb eines Finanzgerichts, die durch den Beginn der Corona-Pandemie verursacht wurde, nicht zur Unangemessenheit der gerichtlichen Verfahrensdauer führt.

Beitrag mit Bild

©BillionPhotos.com/fotolia.com

Ein an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligter hat gemäß § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes einen eigenständig einklagbaren Entschädigungsanspruch für immaterielle Nachteile, die ihm dadurch entstehen, dass sein Gerichtsverfahren nicht in angemessener Zeit beendet wird.

Bei der Frage der Angemessenheit der Dauer finanzgerichtlicher Verfahren geht der BFH im Regelfall von der Vermutung aus, dass der Finanzrichter bei einem typischen durchschnittlichen Klageverfahren gut zwei Jahre nach dem Eingang der Klage konsequent auf die Erledigung des Verfahrens hinwirken muss. Andernfalls kann ein Verfahrensbeteiligter für jeden einzelnen Verzögerungsmonat eine Entschädigung von 100 Euro beanspruchen. Voraussetzung hierfür ist u.a., dass er die Verzögerung des Verfahrens rechtzeitig gerügt hat.

Darum ging es im Streitfall

Im Streitfall hatte der Kläger im Rahmen seiner gegen Umsatzsteuerbescheide gerichteten Klage zwei Jahre nach Klageeingang eine Verzögerungsrüge wegen der Besorgnis erhoben, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird. Das Klageverfahren war erst acht Monate später – nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung – mit Zustellung des Urteils beendet.

Kein Erfolg vor dem BFH

Die nachfolgend vom Kläger erhobene Klage auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer in Höhe von mindestens 600 Euro wies der BFH mit Urteil vom 27.10.2021 (X K 5/20) ab. Er begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Entschädigungsanspruch zwar verschuldensunabhängig sei, sodass es nicht auf ein pflichtwidriges Verhalten bzw. Verschulden der mit der Sache befassten Richter ankomme. Somit sei die unangemessene Verfahrensdauer auch nicht mit dem Hinweis auf eine chronische Überlastung der Gerichte, länger bestehende Rückstände oder eine angespannte Personalsituation gerechtfertigt. Nach den Erwägungen des Gesetzgebers müssten aber die verfahrensverzögernden Umstände zumindest innerhalb des staatlichen bzw. dem Staat zurechenbaren Einflussbereichs liegen.

Verfahrensdauer im Lichte der Pandemie

Dies hat der BFH im vorliegenden Fall verneint. Die mehrmonatige Verzögerung des Ausgangsverfahrens beruhe auf Einschränkungen des finanzgerichtlichen Sitzungsbetriebs ab März 2020. Diese seien Folge der Corona-Pandemie und der zu ihrer Eindämmung ergriffenen Schutzmaßnahmen. Es handele sich nicht um ein spezifisch die Justiz betreffendes Problem, da andere öffentliche und private Einrichtungen und Betriebe ebenso betroffen (gewesen) seien. Die Corona-Pandemie sei – jedenfalls zu Beginn – als außergewöhnliches und in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschlands beispielloses Ereignis anzusehen, die weder in ihrem Eintritt noch in ihren Wirkungen vorhersehbar gewesen wäre. Von einem Organisationsverschulden der Justizbehörden im Hinblick auf die Vorsorge für die Aufrechterhaltung einer stets uneingeschränkten Rechtspflege könne daher ebenfalls nicht ausgegangen werden.


BFH vom 14.04.2022 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

Weitere Meldungen


Meldung, Steuerrecht

©kamasigns/fotolia.com

21.07.2025

beSt: BVerfG schützt Steuerberater in Übergangsphase

Das BVerfG stärkt das Vertrauen in einen fairen Zugang zur Justiz. Technische Hürden dürfen nicht zu einem Verlust von Rechtspositionen führen.

beSt: BVerfG schützt Steuerberater in Übergangsphase

Meldung

©Sondem/fotolia.com

14.07.2025

Grünes Licht für den „Investitionsbooster“

Mit dem Investitionsbooster will die Bundesregierung neues Wachstum schaffen. Ein steuerliches Investitionssofortprogramm soll die Wirtschaft ankurbeln.

Grünes Licht für den „Investitionsbooster“

Meldung

©andreypopov/123rf.com

05.06.2025

Steuerliches Investitionssofortprogramm auf dem Weg

Das steuerliche Investitionssofortprogramm bietet zahlreiche Anreize für Unternehmen, Investitionen zu beschleunigen und steuerlich zu optimieren.

Steuerliches Investitionssofortprogramm auf dem Weg

Haben wir Ihr Interesse für REthinking Tax geweckt?

Sichern Sie sich das REthinking Finance Gratis Paket: 1 Heft + Datenbank